Für mich als Fachanwältin für Sozialrecht ist es beinahe tägliche Praxis, Mandanten bei der Durchsetzung von Ansprüchen auf eine Rente wegen Erwerbsminderung zu beraten und zu vertreten.

Der zeitliche Ablauf der Geltendmachung des Rentenanspruches ist meist wie folgt: Auf eine lange Zeit der Arbeitsunfähigkeit, der Durchführung von Reha-Maßnahmen wird - auch auf Empfehlung der behandelnden Ärzte - ein Rentenantrag gestellt. Der Antragstellung ist nicht selten ein ärztliches Attest beigefügt.

 Für viele dieser Atteste gilt die Redewendung "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint".

Die Palette der mir von Mandanten hier vorgelgten Atteste reicht von so inhaltsleeren Zweizeilern "Zur Vorlage beim Rententräger - Diagnose: Mamma-Carcinom links pT3 G2 RO LI VO pNO (0/19) MO von 11/2019. Lymphstau mit regelmäßiger Lymphdrainage 1 x wöchentlich - Unterschrift des Arztes" bis zu ärztlichen Ausführungen, die sich im vagen Konjunktiv halten ("Er habe Angst vor Menschenaqnsammlungen; der Pat. sei psychisch am stabilsten, wenn er Zuhause ist und nur wenige soziale Kontakte pflegt. Eine Besserung der psychischen Befindlichkeit scheint in nächster Zeit nicht in Sicht zu sein."

Erkenntnis: Inhaltsleere Atteste des eigenen Arztes sind schädlich bei der Durchsetzung eines begründeten Rentenanspruchs. Schlimmstenfalls wird der Rentenanspruch abgelehnt, mindestens aber verzögert sich das Verfahren um Monate oder sogar Jahre.

Was muss also in einem gut gemeinten und gut gemachten Attest stehen?

1. Behandlungsintensität (Seit wann und wie oft befindet sich der Patient in Behandlung)

2. Diagnosen (Unterscheidung zu Zustand-nach-Diagnosen, Verdachtsdiagnosen, Fremddiagnosen) - Nennung der Beschwerden und Funktionseinschränkungen

3. Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Krankheiten darstellen

4. Aussage über mögliche Behandlungs- und Heilungsaussichten

5. Verlauf des Gesamtkrankheitsbildes

6. Angaben zur Arbeitsunfähigkeit

7. Aussage zur Wegefähigkeit

8. Aussage zu gesundheitlichen Leistungseinschränkungen

9. Abschlusssatz wie "Eine Heilung der Krankheit meiner Patientin ist nicht mehr möglich. Die Auswirkungen der Krankheiten auf die Resterwerbsfähigkeit für sogar nur leichte Arbeiten ist gravierend, es liegt unter 3 Stunden täglich".